Rapacki-Plan

Rapacki-Plan
I
Rapacki-Plan
 
[ra'patski-], der vom polnischen Außenminister A. Rapacki am 2. 10. 1957 vorgelegte Plan zur Schaffung einer kernwaffenfreien Zone in Mitteleuropa, umfasste in seiner ursprünglichen Fassung die Territorien Polens und der beiden deutschen Staaten. Der Einsatz von Kernwaffen gegen das Gebiet dieser Staaten sollte verboten sein. Die Verpflichtung sollte diese Staaten selbst sowie die Atommächte Frankreich, Großbritannien, UdSSR und USA binden.
 
Der revidierte Rapacki-Plan vom 14. 2. 1958 umfasste neben den im ersten Plan genannten Ländern die Tschechoslowakei (ČSR) und legte fest, dass in den genannten Ländern Kernwaffen weder hergestellt noch gelagert, noch Geräte und Vorrichtungen stationiert werden dürfen, die zu ihrer Bedienung bestimmt sind. Er sah darüber hinaus ein umfassendes Kontroll- und Inspektionssystem vor. Der Rapacki-Plan bezweckte, die Aufstellung atomarer Waffen (in Form amerikanischer Mittelstreckenraketen) in der Bundesrepublik Deutschland zu verhindern. Er wurde von der NATO, der WEU und besonders der Bundesrepublik Deutschland abgelehnt, auch, weil Letztere fürchtete, eine Zustimmung könne die Anerkennung der DDR und der deutsch-polnischen Grenze nach sich ziehen. Rapacki variierte seine Pläne am 4. 11. 1958 und am 28. 3. 1962 erfolglos.
 
 
Berthold Meyer: Atomwaffenfreie Zonen u. Vertrauensbildung in Europa (1985).
II
Rapacki-Plan
 
Nach dem Polnischen Oktober entwickelte der polnische Außenminister Adam Rapacki (1909-1970) zum Abbau der Spannungen in Mitteleuropa den Plan einer mili tärischen Teilabrüstung. An der Nahtstelle von NATO und Warschauer Pakt sollte als Erstes eine atomwaffenfreie Zone geschaffen werden, die beide deutsche Staaten, Polen, die Tschechoslowakei, Ungarn und die Niederlande umfassen sollte.
 
Dieser am 2. Oktober 1957 vor der Vollversammlung der Vereinten Nationen erläuterte Vorschlag fand anfangs keinen Widerhall, zumal dieser Politik der »konstruktiven Koexistenz« im Westen unterstellt wurde, sie wolle die Bundesrepublik Deutschland aus der NATO herausbrechen, und im Osten die Befürchtung herrschte, Polen könne sich durch eine Schaukelpolitik aus dem sozialistischen Lager lösen. Der polnische Parteichef Gomułka regte deshalb an, im Interesse einer verbesserten Zusammenarbeit auch die Ostsee-Anrainer zu beteiligen, und versicherte, die polnische Initiative werde einer Vertiefung der Teilung Europas entgegenwirken.
 
Nach schwierigen Verhandlungen im Januar/Februar 1958 im Kreml konnte Rapacki die sowjetischen Bedenken über die Kontrollmechanismen ausräumen, doch die den NATO-Partnern am 14. Februar zugeleitete neue Version fand keine Gegenliebe, weil die Überlegenheit des Warschauer Paktes bei konventioneller Rüstung nicht ausreichend berücksichtigt schien. Rapacki modifizierte seinen Entwurf am 31. Oktober 1958 in Oslo mit dem Vorschlag, in einer ersten Etappe die atomare Rüstung auf dem gegenwärtigen Stand einzufrieren und danach, zeitgleich mit der vollständigen und kontrollierten atomaren Abrüstung, eine Herabsetzung der konventionellen Bewaffnung einzuleiten.
 
Das sowjetische Berlin-Ultimatum vom November 1958, die Berlin-Krise und der Mauerbau unterbrachen die polnischen Bemühungen. Im Rahmen der Genfer Abrüstungskonferenz erneuerte Polen am 28. März 1962 seine Initiative und stellte mit dem Vorschlag zur Erweiterung der atomwaffenfreien Zone auch die Modalitäten zur Gewährleistung uneingeschränkter Kontrollen vor, konnte aber die Vorbehalte der Westmächte nicht ausräumen. Da auch der die bisherigen Anregungen zusammenfassende Gomułka-Plan von 1964 keine Zustimmung fand, erlosch das polnische Interesse, einen konstruktiven Beitrag zur Konfliktregulierung zu leisten.

Universal-Lexikon. 2012.

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